Freitag, 19. Dezember 2014

Sicher verpacken

Im Zuge der Folientüddelei beim Treffen wurde mir folgende Frage gestellt: „Wenn du mit Knebel und Augenbinden versehen komplett in der Folie steckst, also auch der Kopf, wie weiß dann dein Partner, wenn es dir schlecht geht? Mit Safeword ist da doch nichts mehr.“ Spontan wollte ich darauf antworten: „Das merkt er.“ Eine äußerst unzureichende Antwort, wie ich damals schon fand. Hab ich ja auch nicht gesagt. Aber so recht wusste auch keine zufriedenstellende Antwort auf diese Frage zu geben, und sie beschäftigt mich bis heute. „Das merkt er“ ist eine Antwort, die nur für mich gilt. Ich habe mir bis dato noch nie viele Gedanken über das Thema Folie und Safeword gemacht. Die Mumifizierung hat sehr viel mit Vertrauen zu tun, und wenn der Kopf auch verpackt wird, erst recht. Für mich war die Komplettmumie lange nicht machbar, der Kopf war das Problem. Es war sozusagen meine persönliche Königsdisziplin und hat vor zwei Wochen das erste Mal geklappt. Darauf haben wir lange hingearbeitet, nachdem ich beim ersten Versuch unvermittelt eine Panikattacke bekommen hatte. Daraus resultierend weiß ich zumindest, dass mein Partner es sofort bemerkt und reagiert, wenn es mir schlecht geht.
Die eigentliche Frage ist also „Wie macht sich jemand in der Folie bemerkbar, der nicht so vertraut mit seinem Rigger ist?“
Gesetzt den Fall, dass sich beide nicht so gut kennen, sollte zumindest der Rigger einiges an Erfahrung mitbringen und wissen, was er tut. So kann er Risiken zumindest minimieren und grob einschätzen, was geht und was nicht. Da der Kopf erst zum Schluss in Folie gepackt wird, bleibt ja schon mal eine gewissen Zeit, in der der Rigger die Reaktionen und die (zugegeben minimale) Körpersprache seiner Begünstigten kennenlernen kann. Stimmt etwas nicht, fühlt man sich unwohl, spannt die Muskeln an und versteift sich. Das merkt man durchaus außerhalb der Folie. Kommt dann noch eine höhere Atemfrequenz dazu, sollte man schnell reagieren. Bis dahin kann aber auch noch jedes Safeword gesagt werden. Ist es dann soweit, dass der Kopf mit Knebel, Augenmaske und Folie versehen wird, sollte die Aufmerksamkeit auf Riggerseite nochmal um einiges ansteigen. Denn jetzt kann sich die Folieninsassin/der Folieninsasse weder artikulieren noch großartig bewegen. Geschweige denn etwas fallen lassen oder klopfen. Es bleibt dann ein Schütteln des Kopfes und Kehllaute (Hmhmhm) in verschiedenen Intensitäten und Tonlagen. Hierauf muss dann sofort reagiert werden. Zumindest mit der Befreiung des Kopfes, alles weitere ist personen- und situationsabhängig. Auf dem Weg zur Mumie kann und sollte auch immer wieder nachgefragt werden, ob alles OK ist. Das dient der Sicherheit beider Beteiligten und baut zugleich Vertrauen auf.
Davon ausgehend, dass alles gut läuft, ist diese Spielart eine der intensivsten für mich. Es ist die Königin der Hilflosigkeit, des Ausgeliefertseins und der Hingabe. Gleichzeitig ist es wie eine Ganzkörperumarmung und wie ein Kokon, in dem man von der Außenwelt abgeschottet ist. Man kann entspannen und sich eine Auszeit von der Umwelt nehmen, wenn man denn gelassen wird.

Meet the perverts

Am letzten Wochenende war es mal wieder soweit: ein weiteres Treffen im Kreise meiner so lieb gewonnenen Perversen fand statt. Es war mein mittlerweile sechstes Treffen und für mich das bislang schönste.
Wir trafen uns in einem verschlafenen Örtchen im Süden Deutschlands. Die Location, ein ehemaliges Gasthaus, war nahezu perfekt. Jedes Paar hatte ein eigenes Zimmer, der Speiseraum war geräumig und gemütlich zugleich und es gab ein Raucher-Kaminzimmer. Der Garten mit Häuschen und großer Feuerstelle konnte wetterbedingt leider nicht genutzt werden, trägt aber gewiss dazu bei, dass diese Location ihren Platz auf der Liste der möglichen Gruppenhäuser recht weit oben bekommt.
Im ersten Stock befand sich ein saalähnlicher Raum, wie geschaffen für ein Fotoatelier, als das er auch am Samstag ausgiebig genutzt wurde. Im Nachhinein haben wir erfahren, dass die Blitze im Dunkeln trotz zugezogener Vorhänge wohl recht gut zu sehen waren, und so den ein oder anderen vorbeirauschenden Autofahrer die Wirkung der Bremsen haben testen lassen.
Zur Verpflegung muss ich nicht viel sagen. Unser Haus-und-Hof-Forumskoch hat uns zusammen mit seiner Herzdame schlicht und simpel wieder verwöhnt. Ein reichhaltiges Frühstücksbuffet, mit allem was das Herz begehrt (sogar weiche Eier am Sonntag) und abends Gulasch- und Kürbissuppe und selbstgemachte (!) Maultaschen, deren Produktion gleich als schwiegermuttertauglicher Workshop diente.
Warum dieses Treffen für mich ganz oben auf der Liste steht? Es hat einfach alles gepasst: eine sehr gut harmonierende Gruppe, lecker Essen, interessante und unterhaltsame Gespäche, alte Freunde und Bekannte wiederzusehen, sehr nette neue Bekanntschaften zu machen, eine relativ kurze An- und Abfahrt zusammen mit meinem Liebsten und eine Premiere für mich. Ich habe zum ersten Mal außerfamiliär Folienpäckchen packen dürfen. Es hat mir wahnsinnigen Spaß gemacht, die jeweiligen Damen einzuwickeln und dann entweder selber auf sie aufzupassen oder sie in die Obhut der autorisierten Herren zu geben. Für zwei der drei Damen war es ebenfalls eine Premiere, und so möchte ich mich an dieser Stelle bei allen Beteiligten nochmals für das mir entgegengebrachte Vertrauen bedanken.

Mittwoch, 3. Dezember 2014

Jeder will was - und was will ich?

Menschen neigen dazu, andere Menschen zu ihren Gunsten zu beeinflussen. In einem gewissen Rahmen ist das ganz natürlich, denn letztendlich ist sich jeder selbst der Nächste. Läuft es aber darauf hinaus, dass Menschen versuchen, andere Menschen zu instrumentalisieren, ist das alles andere als schön. Die Motive hierfür sind vielfältig: von verletztem Stolz, über Rache und Angst bis hin zur Freiheitsliebe kann alles dabei sein.
Schnell gerät man in die Schusslinie und wird wie eine Schachfigur hin und her geschoben. Den größten Erfolg dabei haben diejenigen, die sich darauf verstehen, ihrem Gegenüber mit schönen Worten das Gehirn weichzuspülen. Sie lullen ein, arbeiten mit versteckten Schuldzuweisungen, appellieren vermeintlich an den Verstand und an das Gewissen. Natürlich alles in schöne Worte verpackt und bitte immer recht verständnisvoll und freundlich.
Die weniger wortgewandten verpacken ihren Willen in einen allgemein gehaltenen Vorwurf oder Wunsch. Aber schon so, dass derjenige, auf den das ganze abzielt, ganz genau weiß, dass nur er gemeint ist.
Man findet sich als Spielball verschiedener Interessengemeinschaften wieder, ist wahlweise verantwortungslos, rückgratlos oder feige – je nach Betrachtungsweise.
Spätestens hier sollte das eigene Hirn wieder anfangen zu arbeiten, und man sollte sich Zeit nehmen, um sich auf das zu besinnen, was man selber will. Sich ohne Rücksicht auf andere fragen, was man verantworten kann und was die eigenen Ziele sind. Dann sollte man das in Frage gestellte Rückgrat beweisen und so handeln, wie man es selber für richtig hält. Es ist wichtig, mit sich selber im Reinen zu sein, denn nur solche Entscheidungen kann man auf lange Sicht vertreten. Alle anderen Entscheidungen wird man irgendwann bereuen und sehr wahrscheinlich revidieren. Die Glaubhaftigkeit bleibt auf der Strecke.
Jeder ist sich selbst der Nächste. Und gerade deshalb tut ein bisschen Nächstenliebe manchmal verdammt gut.


Was ich hier wirklich vermisse, ...

... sind stinknormale Imbissbuden. Die gibt es hier nicht.
Hier gibt es Filialen der bekannten Fastfood-Ketten, Dönerbuden und Pizzaservice, aber keine kleinbürgerliche Frittenschmiede mit Burger- und Schnitzelvariationen, Brat- und Currywurst, Jäger- und Zigeunersauce, Champignons à la Crème, Kroketten, Pommes und Co. Bis 21 Uhr geöffnet, wenn man rauskommt, riecht man selber, als hätte man seine Klamotten in einer Friteuse gewaschen und wenn man aufgegessen hat, hat man für mindestens die nächsten acht Wochen die Schnauze gestrichen voll – und geht doch wieder nach sechs Wochen hin. Weil einem kalt ist, man beim Sport war, man schlecht drauf oder deprimiert ist, der Chef einen geärgert hat oder weil man besonders gut drauf ist. Irgendein Grund findet sich immer.
Ich hätte nie gedacht, dass ich gerade diese Junk-Food-Oasen vermissen würde. Es gibt hier so viele leckere Sachen und gute Restaurants, aber einfach ein Hamburger-Pommes-Mayo … das wäre was!