Vor einigen Jahren schenkte mir meine
Mutter aus Gründen eine Karte mit dem Aufdruck "Wichtig ist
nicht, was einem passiert, sondern wie man damit umgeht." Für
mich bedeutet die Karte eine Aufforderung, Situationen von
verschiedenen Seiten aus zu beleuchten und zu versuchen, das beste
daraus zu machen.
Die Karte hat einen Platz auf unserem
Kühlschrank gefunden. So laufe ich mehrmals am Tag an ihr vorbei und
verliere dieses Motto nicht aus den Augen. Es steckt viel wahres in
diesem Spruch, denn nur allzu oft lässt man sich dazu verleiten,
ungünstige Situationen sehr einseitig zu betrachten. Man versucht
gar nicht erst, ihnen irgendwas positives abzugewinnen.
Ich habe mir dieses Motto was meine
derzeitige berufliche Situation anbelangt mal wieder zu Herzen
genommen und habe angefangen, während meiner arbeitsbedingten
Freiphasen Klassiker zu lesen. Den Schimmelreiter (Theodor Storm)
habe ich durch und momentan Sturmhöhe (Wuthering Heights) von Emily
Brontë in Arbeit. Diese
wird vermutlich gefolgt werden von Wilhelm Tell (Friedrich Schiller),
Götz von Berlichingen (Johann Wolfgang von Goethe) und was mir dann
noch so einfällt. Fündig werde ich beim Projekt Gutenberg, einer
Sammlung von klassischer Literatur online.
Ich betrachte diesen Zeitvertreib als
literarische Weiterbildung, denn viele der Klassiker hat man nur
gezwungenermaßen während der Schulzeit gelesen. Jetzt lese ich sie
freiwillig und mit ganz anderen Augen. Ich hole das nach, was damals
schon hätte hängenbleiben sollen. Ich muss nichts interpretieren,
auseinandernehmen und bewerten, kann mir meine eigenen Gedanken
machen und muss dabei nicht auf Notenjagd gehen.
Meinem Arbeitgeber nützt das zwar
nichts, aber der will es ja anscheinend nicht anders. Ich versuche,
aus der verlorenen Zeit das beste zu machen und sie wenigstens
halbwegs sinnvoll totzuschlagen, indem ich mein Hirn füttere.
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