Sonntag, 28. September 2014

Achtung, Natur!

Ich marschiere weder durch Kuhherden, noch gehe ich nah an Gänsen, Puten, Pfauen oder Schwänen vorbei. Sie sind mir nicht geheuer.
Auch kleine und vermeintlich niedlich, harmlos und eventuell sogar nicht allzu intelligent erscheinende Tiere können durchaus gefährlich sein.
In Winnenden wurde ein Mann beim Nüsse sammeln von einem Schafbock getötet. Der Schafbock sah in ihm wohl einen potentiellen Rivalen und ließ auch nicht von ihm ab, als der Mann schon am Boden lag.
Mir kam spontan eine Situation in den Sinn, in die ich vor Jahren in Schottland geraten bin: Während der Autofahrt entdeckten wir ein schönes Fleckchen Natur und hielten an, um es zu erkunden. Ich stieg aus dem Auto, überquerte ein Grasfläche bis an einen Bach, hinter dem das Terrain etwas abfiel. Ich überlegte, ob ich den Bach überqueren sollte, um ein wenig weiter ins Landesinnere zu laufen, als am gegenüberliegenden Ufer (ca. 5 Meter entfernt) ein Schafbock auftauchte. Kopf leicht gesenkt und ein tiefes warnendes „Möäh“ ausstoßend. Zumindest empfand ich diese Lautäußerung damals als bedrohlich und habe ich mich für einen ruhigen aber konsequenten Rückzug entschlossen. Wer weiß, wofür es gut war?

Igitt, Natur!

Sex in freier Wildbahn ist Napoleon und Antosia eh nicht vergönnt, dann wurde dem Eselpaar das Liebesspiel auch im Zoo von Posen untersagt
Mütter hatten sich beschwert, dass ihre Kinder den Eseln bei der Paarung zusehen müssten, woraufhin sich eine konservative Lokalpolitikerin des Falls annahm und den Zoodirektor davon überzeugte, die Esel zu trennen.
Ähm, ja … Gehts noch? Vermutlich hatten diese Mütter nicht die passenden Globuli für die drohende sexuelle Verrohung ihrer Kinder parat. Hilfe, unsere Kinder sehen die Natur! Lasst sie uns von allem Natürlichen fernhalten! Gott erschuf die Welt, die Menschen und Tiere. Er erschafft vermutlich auch jedes einzelne Lebewesen neu. Muss ein vielbeschäftigter Mann sein, der Gott. Für diejenigen, die nicht an diese Entstehungsgeschichte glauben, wird der Storch aktiv oder der Nachwuchs quält sich aus einer Pflaume heraus – wie auch immer er da hineingekommen sein mag.
Wo kommen wir bloß hin, wenn das so weitergeht? Unser Kinder dürfen weder sehen, wie Leben entsteht, noch wie es endet. Die Tierbabys kommen aus dem Stall und das Fleisch aus dem Supermarkt. Alles schön steril und jugendfrei. Da ist es fraglich, wie Bauernhofkinder damals und heute so etwas ohne psychische Schäden verkraftet haben. Eigentlich braucht es dazu noch nicht einmal einen Bauernhof. Ich kann mich erinnern, dass Nachbars Karnickel eben irgendwann geschlachtet wurden. Uns Kindern war es freigestellt, das zu sehen oder nicht. Die Fische aus dem Teich wurden an der Treppe totgehauen, und der unglückliche Fasan, der unser Fenster nicht realisiert hatte, im Keller geschlachtet. Es war vielleicht nicht schön, aber es war so. Da wurde kein großes Gewese drum gemacht.
So richtig paradox wird es bei Leichen. Menschliche Leichen dürfen keinesfalls von Kindern gesehen werden, tierische schon. Liegt Muckel oder Hansi tot im Käfig, wird das arme Wesen verabschiedet und im Garten unter einem hübschen Baum beerdigt. Liegt Oma hübsch zurechtgemacht in der Leichenhalle, werden die Enkel besser davon ferngehalten, bis sie im Sarg gut verschlossen untergebracht ist. Es könnte schlimme Auswirkungen auf die Entwicklung der lieben Kleinen haben.
Was die Oma angeht, bin ich froh, meine Großmutter nach ihrem Tod gesehen zu haben. Hübsch zurechtgemacht und mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck. So konnte ich mich in aller Ruhe von ihr verabschieden und habe den verstörenden Anblick aus dem Krankenhaus abschütteln können.
Was Napoleon und Antosia angeht, siegte doch noch die Vernunft: Nachdem 7.000 Menschen eine Petition, in der die Wiedervereinigung der Esel gefordert wurde, unterschrieben hatten, wurde die räumliche Trennung aufgehoben.

Freitag, 12. September 2014

Interessante Geschichte

Manche Themen werden einem einfach zu früh im Leben aufgedrängt. Damit meine ich die prinzipiell sinnvolle schulische Abhandlung diverser Themen. Konkret die Durchnahme der beiden Weltkriege im Geschichtsunterricht. Wenn dann noch die Angst vor dem pedantischen und schülerfeindlichen (mangelndes Selbstbewusstsein lehrerseits) Lehrer auf das gerade altersbedingt nicht vorhandenen Desinteresse trifft, hat so ein Thema keine Chance.
Der Zweite Weltkrieg war vielleicht zeitlich noch nah genug, damit etwas hängen bleiben konnte. Aber eigentlich habe ich auch hier das tiefgründigere Wissen durch Lektüre spezifischer Literatur in den Jahren nach meiner Schulzeit erlangt. Der Erste Weltkrieg ist dagegen nahezu spurlos an mir vorbeigegangen.
In den letzten zwei Tagen habe ich zwei Ausstellungen zu diesen Themen besucht. Von beiden war ich sehr beeindruckt, die zum Zweiten Weltkrieg hat jedoch keine großartigen neuen Erkenntnisse gebracht. Sie hat mich in weiten Teilen tief traurig gestimmt und entließ mich wieder einmal mit einem Kopfschütteln ob der unfassbaren sadistischen und menschenverachtenden Arroganz, mit der die Drahtzieher, Anführer und Handlanger gehandelt haben.
Die Ausstellung zum Ersten Weltkrieg war für mich die, geschichtlich gesehen, aufschlussreichere. Oft dachte ich „Ja, hab ich schonmal gehört“, mindestens aber genauso oft „So war das also“. Erst mit dieser Ausstellung wurden mir politische und geschichtliche Hintergründe und Zusammenhänge bewusst. Sowohl die Auslösung und die Beteiligten des Krieges betreffend, als auch die Beendigung und die Nachwirkungen.
Vielleicht wäre der Besuch einer solchen Ausstellung eine sinnvolle Ergänzung zum stupiden Auswendiglernen von Texten gewesen. Vielleicht wäre dann schon damals mehr davon in meinem Kopf hängen geblieben. Bestimmt ist es auch das freiwillige Lernen ohne Druck. Einfach aus eigenem Antrieb und persönlichem Interesse. Dieses Interesse war bei mir als Fünft-, Sechst- und Siebtklässlerin bei weitem nicht vorhanden. Es war pures Auswendiglernen von geschichtlichen Texten, immer mit der Angst im Nacken, am nächsten Tag gnadenlos abgefragt zu werden und natürlich eine Fünf nach der anderen einzukassieren.
So oder so bin ich froh, dieses Thema in den letzten beiden Tagen mit wirklichem Interesse noch einmal aufgegriffen zu haben. Besser spät, als nie. Man lernt eben nie aus.