Freitag, 16. September 2016

Frühstück mit Lew

Ich bin nicht sicher, was das letzte Wochenende zu dem genialen Ereignis gemacht hat, das es für mich war. Vielleicht die Intensität der beiden Tage, vielleicht das Treffen mit Lew Rubens, den ich seit Entdeckung meiner Leidenschaft nahezu verehre. Vermutlich eine Mischung aus beidem.
Vom 9.-11.09.2016 fand in Karlsruhe im brandneuen Workshop-Raum von Baumwollseil ein Lewbari-Workshop statt. Sabine und Michael war es gelungen, diesen Workshop ins Leben zu rufen und Lew Rubens nach Deutschland zu holen. 14 Paare ließen sich auf zwei intensive Tage mit Lew ein.
Am Freitag Abend ging es mit einem Meet & Greet im Baumwollseil-Shop los. Da saß er nun: Lew Rubens live und in Farbe. Irgendwie in sich ruhend inmitten mehr oder weniger aufgeregter Teilnehmer. Im Vorfeld hatte ich mir so allerlei Gedanken gemacht, wie er wohl sein würde, aber an „völlig normal“ hatte ich irgendwie nicht gedacht. Ich wäre nicht verwundert gewesen, wenn es sich um einen recht arroganten Kerl gehandelt hätte, aber einen eher in sich gekehrten, humorvollen, absolut freundlichen und zugänglichen „Onkel von nebenan“ hatte ich nicht erwartet. Manchmal habe ich wirklich Gespenster im Kopf … Aber um so besser, nun stieg meine Vorfreude auf die kommenden zwei Tage noch mehr.
Samstag sollte der Workshop um 10 Uhr beginnen. Für uns um 9 Uhr (wir logierten im gleichen Hotel wie Lew und wurden so zu seinem Taxi), da Lew vor Beginn noch einiges im Kursraum vorbereiten wollte. Gesagt getan, wir standen um 7 Uhr auf – mit der passenden Motivation geht das Aufstehen recht gut –, stärkten uns am umfangreichen Frühstück und sammelten dann Lew ein, der schon seit einiger Zeit in der Lobby saß. Auf halbem Weg zum Baumwollseil-Shop kam dann von Lew: „Shit! I forgot my ropes!“ Und nein, er hatte seinen Arbeitskoffer nicht etwa in der Lobby vergessen, sondern lieber gleich im Zimmer. Also zurück zum Hotel, Köfferchen holen und ab dafür. Damit war dann endgültig das Eis zwischen uns gebrochen, denn ein Rigger, der seine Seile vergisst, sorgt unweigerlich für Lacher auf allen Seiten. Lew zeigte und erklärte an diesem Tag hauptsächlich Basics, verriet Shortcuts (Abkürzungen, mit denen Rigger Zeit sparen können), besprach ausführlich Risiken und Sicherheit und gab Tipps wie „don't trust them“ im Hinblick auf die Aussagen von Begünstigten während einer Session. Keine Ahnung, wieso er solche Ratschläge erteilt … *pfeif* Was mir besonders positiv aufgefallen ist, ist die Tatsache, dass Lew alle am gleichen Punkt abgeholt hat. Es wurde ganz vorne angefangen, damit wirklich alle eine Chance hatten mitzukommen. Am Nachmittag zeigte er verschiedene Fesselungsarten wie Hogtie, Frogtie und Balltie, und dann gab es Zeit für Gespräche, Fragen und Verwicklungen. Lew plauderte immer wieder aus dem Nähkästchen, verriet Vorlieben („I love everything that makes me laugh out loud and orgasm hard“) und ließ uns an seinen Erlebnissen teilhaben, was ihn nur noch authentischer machte. Am Abend ging es dann mit der ganzen Truppe in ein örtliches Lokal, in dem wir bestimmt ein bisschen aufgefallen sind, denn die Hälfte der Gruppe war mit Ropemarks verziert, es gab eigentlich nur ein Thema (wenn auch oft auf Englisch), und das ein oder andere Foto wurde auch gezeigt. Natürlich wurden die Bilder möglichst verdeckt gezeigt, aber die Bedienung erzählt bestimmt immer noch ihren Kollegen, was sie da am Tisch gesehen hat. Was schleicht die sich auch so unauffällig von hinten an …
Der Sonntag war ganz dem Thema Suspension gewidmet. Schnell war den meisten in der Gruppe klar, dass Lew dieses Thema sehr ernst nimmt und sehr viel Wert auf Sicherheit legt. „For most of you this will be your first suspension. Just try to survive it“ klingt zwar im ersten Moment lustig, mit dem nötigen Ernst ausgesprochen bekommt diese Aussage aber einen ganz anderen Beigeschmack und man wird gleich nochmal so aufmerksam. Lews (vergnügliche) Arbeit kommt immer so unbeschwert, locker und einfach rüber, aber Aussagen wie „I never feel comfortable when somebody is in a suspension. I feel comfortable when she's healthy back on the floor. The times I felt comfortable during a suspension, I made mistakes." relativieren das alles und zeigen, dass er ein sehr verantwortungsvoller Sicherheitsfreak ist, der nichts auf die leichte Schulter nimmt, auch wenn es noch so lustig und unbeschwert aussieht. Die Sicherheit des Models steht immer an erster Stelle.
Lew zeigte uns zwei verschiedene Suspensions (face down und face up), die wir in Gruppen zu zwei Paaren ausprobierten – ein Paar war hier jeweils das Backup des anderen Paars. Alle haben überlebt, auch dank des energischen Eingreifens seitens des Hausherren und Lews, Models und Rigger waren gleichermaßen glücklich und stolz, und damit war der offizielle Teil des Workshops auch schon vorbei.
Ich habe Lew Rubens als einen sehr verantwortungsvollen, humorvollen und freundlichen Menschen kennengelernt, der seinen Traum lebt, in sich ruht und glücklich ist. Irgendwie beneidenswert. Vielleicht muss man sich nur trauen, so einen Schritt zu gehen, aber ich denke, in diesem Bereich ist Amerika dann doch eher das Land der unbegrenzten Möglichkeiten als Deutschland. Eins steht für uns auf jeden Fall fest: sollte es den von Lew angebotenen Advanced-Workshop geben, werden wir wieder dabei sein!

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