Ich bin nicht sicher, was das letzte
Wochenende zu dem genialen Ereignis gemacht hat, das es für mich
war. Vielleicht die Intensität der beiden Tage, vielleicht das
Treffen mit Lew Rubens, den ich seit Entdeckung meiner Leidenschaft
nahezu verehre. Vermutlich eine Mischung aus beidem.
Vom 9.-11.09.2016 fand in Karlsruhe
im brandneuen Workshop-Raum von Baumwollseil ein Lewbari-Workshop
statt. Sabine und Michael war es gelungen, diesen Workshop ins Leben
zu rufen und Lew Rubens nach Deutschland zu holen. 14 Paare ließen
sich auf zwei intensive Tage mit Lew ein.
Am Freitag Abend ging es mit einem
Meet & Greet im Baumwollseil-Shop los. Da saß er nun: Lew Rubens
live und in Farbe. Irgendwie in sich ruhend inmitten mehr oder
weniger aufgeregter Teilnehmer. Im Vorfeld hatte ich mir so allerlei
Gedanken gemacht, wie er wohl sein würde, aber an „völlig normal“
hatte ich irgendwie nicht gedacht. Ich wäre nicht verwundert
gewesen, wenn es sich um einen recht arroganten Kerl gehandelt hätte,
aber einen eher in sich gekehrten, humorvollen, absolut freundlichen
und zugänglichen „Onkel von nebenan“ hatte ich nicht erwartet.
Manchmal habe ich wirklich Gespenster im Kopf … Aber um so besser,
nun stieg meine Vorfreude auf die kommenden zwei Tage noch mehr.
Samstag sollte der Workshop um 10 Uhr
beginnen. Für uns um 9 Uhr (wir logierten im gleichen Hotel wie Lew
und wurden so zu seinem Taxi), da Lew vor Beginn noch einiges im
Kursraum vorbereiten wollte. Gesagt getan, wir standen um 7 Uhr auf –
mit der passenden Motivation geht das Aufstehen recht gut –,
stärkten uns am umfangreichen Frühstück und sammelten dann Lew
ein, der schon seit einiger Zeit in der Lobby saß. Auf halbem Weg
zum Baumwollseil-Shop kam dann von Lew: „Shit! I forgot my ropes!“
Und nein, er hatte seinen Arbeitskoffer nicht etwa in der Lobby
vergessen, sondern lieber gleich im Zimmer. Also zurück zum Hotel,
Köfferchen holen und ab dafür. Damit war dann endgültig das Eis
zwischen uns gebrochen, denn ein Rigger, der seine Seile vergisst,
sorgt unweigerlich für Lacher auf allen Seiten. Lew zeigte und
erklärte an diesem Tag hauptsächlich Basics, verriet Shortcuts
(Abkürzungen, mit denen Rigger Zeit sparen können), besprach
ausführlich Risiken und Sicherheit und gab Tipps wie „don't trust
them“ im Hinblick auf die Aussagen von Begünstigten während einer
Session. Keine Ahnung, wieso er solche Ratschläge erteilt …
*pfeif* Was mir besonders positiv aufgefallen ist, ist die Tatsache,
dass Lew alle am gleichen Punkt abgeholt hat. Es wurde ganz vorne
angefangen, damit wirklich alle eine Chance hatten mitzukommen. Am
Nachmittag zeigte er verschiedene Fesselungsarten wie Hogtie, Frogtie
und Balltie, und dann gab es Zeit für Gespräche, Fragen und
Verwicklungen. Lew plauderte immer wieder aus dem Nähkästchen,
verriet Vorlieben („I love everything that makes me laugh out loud
and orgasm hard“) und ließ uns an seinen Erlebnissen teilhaben,
was ihn nur noch authentischer machte. Am Abend ging es dann mit der
ganzen Truppe in ein örtliches Lokal, in dem wir bestimmt ein
bisschen aufgefallen sind, denn die Hälfte der Gruppe war mit
Ropemarks verziert, es gab eigentlich nur ein Thema (wenn auch oft
auf Englisch), und das ein oder andere Foto wurde auch gezeigt.
Natürlich wurden die Bilder möglichst verdeckt gezeigt, aber die
Bedienung erzählt bestimmt immer noch ihren Kollegen, was sie da am
Tisch gesehen hat. Was schleicht die sich auch so unauffällig von
hinten an …
Der Sonntag war ganz dem Thema
Suspension gewidmet. Schnell war den meisten in der Gruppe klar, dass
Lew dieses Thema sehr ernst nimmt und sehr viel Wert auf Sicherheit
legt. „For most of you this will be your first suspension. Just try
to survive it“ klingt zwar im ersten Moment lustig, mit dem nötigen
Ernst ausgesprochen bekommt diese Aussage aber einen ganz anderen
Beigeschmack und man wird gleich nochmal so aufmerksam. Lews
(vergnügliche) Arbeit kommt immer so unbeschwert, locker und einfach
rüber, aber Aussagen wie „I never feel comfortable when somebody
is in a suspension. I feel comfortable when she's healthy back on the
floor. The times I felt comfortable during a suspension, I made
mistakes." relativieren das alles und zeigen, dass er ein sehr
verantwortungsvoller Sicherheitsfreak ist, der nichts auf die leichte
Schulter nimmt, auch wenn es noch so lustig und unbeschwert aussieht.
Die Sicherheit des Models steht immer an erster Stelle.
Lew zeigte uns zwei verschiedene
Suspensions (face down und face up), die wir in Gruppen zu zwei
Paaren ausprobierten – ein Paar war hier jeweils das Backup des
anderen Paars. Alle haben überlebt, auch dank des energischen
Eingreifens seitens des Hausherren und Lews, Models und Rigger waren
gleichermaßen glücklich und stolz, und damit war der offizielle
Teil des Workshops auch schon vorbei.
Ich habe Lew Rubens als einen sehr
verantwortungsvollen, humorvollen und freundlichen Menschen
kennengelernt, der seinen Traum lebt, in sich ruht und glücklich
ist. Irgendwie beneidenswert. Vielleicht muss man sich nur trauen, so
einen Schritt zu gehen, aber ich denke, in diesem Bereich ist Amerika
dann doch eher das Land der unbegrenzten Möglichkeiten als
Deutschland. Eins steht für uns auf jeden Fall fest: sollte es den
von Lew angebotenen Advanced-Workshop geben, werden wir wieder dabei
sein!
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