Sonntag, 28. September 2014

Igitt, Natur!

Sex in freier Wildbahn ist Napoleon und Antosia eh nicht vergönnt, dann wurde dem Eselpaar das Liebesspiel auch im Zoo von Posen untersagt
Mütter hatten sich beschwert, dass ihre Kinder den Eseln bei der Paarung zusehen müssten, woraufhin sich eine konservative Lokalpolitikerin des Falls annahm und den Zoodirektor davon überzeugte, die Esel zu trennen.
Ähm, ja … Gehts noch? Vermutlich hatten diese Mütter nicht die passenden Globuli für die drohende sexuelle Verrohung ihrer Kinder parat. Hilfe, unsere Kinder sehen die Natur! Lasst sie uns von allem Natürlichen fernhalten! Gott erschuf die Welt, die Menschen und Tiere. Er erschafft vermutlich auch jedes einzelne Lebewesen neu. Muss ein vielbeschäftigter Mann sein, der Gott. Für diejenigen, die nicht an diese Entstehungsgeschichte glauben, wird der Storch aktiv oder der Nachwuchs quält sich aus einer Pflaume heraus – wie auch immer er da hineingekommen sein mag.
Wo kommen wir bloß hin, wenn das so weitergeht? Unser Kinder dürfen weder sehen, wie Leben entsteht, noch wie es endet. Die Tierbabys kommen aus dem Stall und das Fleisch aus dem Supermarkt. Alles schön steril und jugendfrei. Da ist es fraglich, wie Bauernhofkinder damals und heute so etwas ohne psychische Schäden verkraftet haben. Eigentlich braucht es dazu noch nicht einmal einen Bauernhof. Ich kann mich erinnern, dass Nachbars Karnickel eben irgendwann geschlachtet wurden. Uns Kindern war es freigestellt, das zu sehen oder nicht. Die Fische aus dem Teich wurden an der Treppe totgehauen, und der unglückliche Fasan, der unser Fenster nicht realisiert hatte, im Keller geschlachtet. Es war vielleicht nicht schön, aber es war so. Da wurde kein großes Gewese drum gemacht.
So richtig paradox wird es bei Leichen. Menschliche Leichen dürfen keinesfalls von Kindern gesehen werden, tierische schon. Liegt Muckel oder Hansi tot im Käfig, wird das arme Wesen verabschiedet und im Garten unter einem hübschen Baum beerdigt. Liegt Oma hübsch zurechtgemacht in der Leichenhalle, werden die Enkel besser davon ferngehalten, bis sie im Sarg gut verschlossen untergebracht ist. Es könnte schlimme Auswirkungen auf die Entwicklung der lieben Kleinen haben.
Was die Oma angeht, bin ich froh, meine Großmutter nach ihrem Tod gesehen zu haben. Hübsch zurechtgemacht und mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck. So konnte ich mich in aller Ruhe von ihr verabschieden und habe den verstörenden Anblick aus dem Krankenhaus abschütteln können.
Was Napoleon und Antosia angeht, siegte doch noch die Vernunft: Nachdem 7.000 Menschen eine Petition, in der die Wiedervereinigung der Esel gefordert wurde, unterschrieben hatten, wurde die räumliche Trennung aufgehoben.

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