Sonntag, 9. Februar 2014

Don't dream it

Eine Sache, mit der ich aufgewachsen bin, beschäftigt und fasziniert mich bis heute immer wieder. Aufgewachsen ist vielleicht übertrieben, aber zumindest hat es mich als Teenager gepackt und seitdem nicht mehr losgelassen.
Die Verfilmung des Musicals von Richard O'Brian aus dem Jahr 1975.
Nachdem ich den Film das erste Mal gesehen hatte, wollte ich unbedingt die Liedtexte ins Deutsche übersetzten, was nicht ohne die Hilfe meiner Mutter ging. Nachdem ich einige Wörter nachgefragt hatte, kam von ihr ein zweifelndes "Was übersetzt du da eigentlich?" und erst hier wurde mir damals bewusst, dass das ganze wohl nicht so harmlos war. Diese Feststellung machte es für mich nur noch interessanter und ich fing an, mich weiter mit dem Thema zu beschäftigen. Männer in Strapsen ... Durchaus delikat, aber auch wahnsinnig interessant. Ich muss dazu sagen, dass ich aus einem wohlbehüteten und katholischen Haushalt stamme und wohl wirklich recht naiv und unbedarft aufgewachsen bin. Ich schaute mir den Film ein ums andere Mal an, hörte unablässig den Soundtrack und drehte sogar im Rahmen eines kleinen Jahrgangsprojektes eine der Szenen nach.
Ich war mir damals nicht bewusst, was für mich die Faszination ausmachte. Wenn ich den Film jedoch heute anschaue und ihn in Verbindung mit meiner Neigung bringe, wird mir einiges klarer. Als Teenager war es wohl erstmal nur der Reiz des Verruchten und Anstößigen. Und die gute Musik. Heute sehe ich den Film und die Thematik ein bisschen anders. Er hat viel mit dem Ausleben seiner Neigung zu tun. Sich über Konventionen und vermeintliches Benehmen hinwegzusetzen um das zu finden, was einem fehlt. Besonders der Song "Don't dream it, be it" verdeutlicht das. Zu seiner Natur und dem, was einen antörnt, zu stehen und es zuzulassen wirkt befreiend. Man kann jahrelang träumen und fantasieren, aber wenn man es sich nicht irgendwann eingesteht und seine Träume ausprobiert, wird einem immer etwas fehlen. Vielleicht war man sich dessen nicht bewusst. Umso schöner ist es dann, das fehlende Puzzleteil zu finden und zu merken, dass es einem gefehlt hat.
Zugegebenermaßen übertreibt Frank N. Furter es damit und wird letztendlich doch wieder von der bestimmenden Gesellschaft eingeholt und zur Rechenschaft gezogen. Oder ist es gar nicht so und er trifft nur auf ein paar Miesepeter, die ihm seinen Traum zerstören? Auch Brad und Janet brechen für kurze Zeit aus ihren Konventionen aus und leben ihre Sexualität. Lernen Bedürfnisse und Wünsche ihres Körpers kennen, die ihnen einerseits Angst machen, ihnen andererseits aber auch große Lust bereiten. Am Ende bleibt es offen, wie sie weiterhin damit umgehen. Vielleicht ein Hinweis darauf, dass das jeder für sich selber entscheiden und einen Weg finden muss. Wenn ich mir die einzelnen Charaktere anschaue, kommt mir der Gedanke, dass jeder verborgene Träume und Wünsche in sich trägt. Einige werden sie zulassen und kennenlernen, dann vielleicht wieder vergraben. Oder sie weiter ausleben und sich mit ihnen auseinandersetzen. Andere werden sie vielleicht nie kennenlernen.
Die Rocky Horror Picture Show war seinerzeit bestimmt wegweisend. Sie thematisiert etwas Verbotenes und Unkonventionelles. Männer in Strapsen ... Zu der Zeit mit Sicherheit ein No-Go. Freie Sexualität ... O. k., Woodstock hatte schon stattgefunden, aber das Thema so öffentlich in die Kinos zu bringen, war bestimmt nochmal eine andere Hausnummer. Auch für die Schauspieler dürfte es nicht ganz risikolos gewesen sein, die Rollen anzunehmen. Aber Tim Curry schien damit nie Probleme gehabt zu haben. Meiner Meinung nach übrigens die perfekte Besetzung für diese Rolle.
Und wenn man bedenkt, welche Beliebtheit das Musical bis heute hat, ist Richard O'Brian ein ganz großer Coup gelungen. Die Aufführungen werden regelrecht zelebriert, und wer ohne Toastbrot, Regenschirm, Klopapier und Reis erscheint, wird sich schnell underdressed vorkommen und sich schwören, beim nächsten Mal besser ausgestattet zu sein. 
Meine absolute Lieblings-Szene

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