Eine Sache, mit der ich aufgewachsen
bin, beschäftigt und fasziniert mich bis heute immer wieder.
Aufgewachsen ist vielleicht übertrieben, aber zumindest hat es mich
als Teenager gepackt und seitdem nicht mehr losgelassen.
Die Verfilmung des Musicals von
Richard O'Brian aus dem Jahr 1975.
Nachdem ich den Film das erste Mal
gesehen hatte, wollte ich unbedingt die Liedtexte ins Deutsche
übersetzten, was nicht ohne die Hilfe meiner Mutter ging. Nachdem
ich einige Wörter nachgefragt hatte, kam von ihr ein zweifelndes
"Was übersetzt du da eigentlich?" und erst hier wurde mir
damals bewusst, dass das ganze wohl nicht so harmlos war. Diese
Feststellung machte es für mich nur noch interessanter und ich fing
an, mich weiter mit dem Thema zu beschäftigen. Männer in Strapsen
... Durchaus delikat, aber auch wahnsinnig interessant. Ich muss dazu
sagen, dass ich aus einem wohlbehüteten und katholischen Haushalt
stamme und wohl wirklich recht naiv und unbedarft aufgewachsen bin.
Ich schaute mir den Film ein ums andere Mal an, hörte unablässig
den Soundtrack und drehte sogar im Rahmen eines kleinen
Jahrgangsprojektes eine der Szenen nach.
Ich war mir damals nicht bewusst, was
für mich die Faszination ausmachte. Wenn ich den Film jedoch heute
anschaue und ihn in Verbindung mit meiner Neigung bringe, wird mir
einiges klarer. Als Teenager war es wohl erstmal nur der Reiz des
Verruchten und Anstößigen. Und die gute Musik. Heute sehe ich den
Film und die Thematik ein bisschen anders. Er hat viel mit dem
Ausleben seiner Neigung zu tun. Sich über Konventionen und
vermeintliches Benehmen hinwegzusetzen um das zu finden, was einem
fehlt. Besonders der Song "Don't dream it, be it"
verdeutlicht das. Zu seiner Natur und dem, was einen antörnt, zu
stehen und es zuzulassen wirkt befreiend. Man kann jahrelang träumen
und fantasieren, aber wenn man es sich nicht irgendwann eingesteht
und seine Träume ausprobiert, wird einem immer etwas fehlen.
Vielleicht war man sich dessen nicht bewusst. Umso schöner ist es
dann, das fehlende Puzzleteil zu finden und zu merken, dass es einem
gefehlt hat.
Zugegebenermaßen übertreibt Frank
N. Furter es damit und wird letztendlich doch wieder von der
bestimmenden Gesellschaft eingeholt und zur Rechenschaft gezogen.
Oder ist es gar nicht so und er trifft nur auf ein paar Miesepeter,
die ihm seinen Traum zerstören? Auch Brad und Janet brechen für
kurze Zeit aus ihren Konventionen aus und leben ihre Sexualität.
Lernen Bedürfnisse und Wünsche ihres Körpers kennen, die ihnen
einerseits Angst machen, ihnen andererseits aber auch große Lust
bereiten. Am Ende bleibt es offen, wie sie weiterhin damit umgehen.
Vielleicht ein Hinweis darauf, dass das jeder für sich selber
entscheiden und einen Weg finden muss. Wenn ich mir die einzelnen
Charaktere anschaue, kommt mir der Gedanke, dass jeder verborgene
Träume und Wünsche in sich trägt. Einige werden sie zulassen und
kennenlernen, dann vielleicht wieder vergraben. Oder sie weiter
ausleben und sich mit ihnen auseinandersetzen. Andere werden sie
vielleicht nie kennenlernen.
Die Rocky Horror Picture Show war
seinerzeit bestimmt wegweisend. Sie thematisiert etwas Verbotenes und
Unkonventionelles. Männer in Strapsen ... Zu der Zeit mit Sicherheit
ein No-Go. Freie Sexualität ... O. k., Woodstock hatte schon
stattgefunden, aber das Thema so öffentlich in die Kinos zu bringen,
war bestimmt nochmal eine andere Hausnummer. Auch für die
Schauspieler dürfte es nicht ganz risikolos gewesen sein, die Rollen
anzunehmen. Aber Tim Curry schien damit nie Probleme gehabt zu haben.
Meiner Meinung nach übrigens die perfekte Besetzung für diese Rolle.
Und wenn man bedenkt, welche
Beliebtheit das Musical bis heute hat, ist Richard O'Brian ein ganz
großer Coup gelungen. Die Aufführungen werden regelrecht
zelebriert, und wer ohne Toastbrot, Regenschirm, Klopapier und Reis
erscheint, wird sich schnell underdressed vorkommen und sich
schwören, beim nächsten Mal besser ausgestattet zu sein.
Meine absolute Lieblings-Szene
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