Samstag, 26. April 2014

Fachkräfte gesucht

Da liest und hört man immer von Arbeitgebern, die sich über den Fachkräftemangel in Deutschland beklagen. Es würden händeringend Fachkräfte gesucht, die Wirtschaft befände sich im Aufschwung, es gäbe offene Stellen zu besetzen, und die Situation der Frauen in der deutschen Arbeitswelt hätte sich verbessert. Verbessert im Vergleich zu was? Zum Mittelalter? Das mag sein. Spätestens seit gestern kann ich das alles nicht mehr ernst nehmen, und mir ist ne Menge klar geworden.
Es werden sogenannte Fachkräfte gesucht, die möglichst billig sind und möglichst wenige Ansprüche stellen. Das würde ja daraufhin deuten, dass möglichste junge Arbeitskräfte gesucht werden. Hier tut sich das nächste Problem auf. Bitte keine jungen Frauen! Junge Frauen kriegen höchstwahrscheinlich Kinder und sind somit auch wieder total unattraktiv für Firmen. Denn kaum hat man sich die Mühe gemacht sie einzuarbeiten, fallen sie ja doch wieder für die nächsten (mindestens) drei Jahre aus. Allerdings gilt das nicht nur für junge Frauen, sondern für Frauen im gebärfähigen Alter. Da nützt einem die schönste Qualifikation nichts, dieser Punkt scheint mittlerweile das ausschlaggebendste Einstellkriterium zu sein. Wie ich darauf komme? Ich habe es in unmittelbarer Nähe miterlebt.
Für einen Bürojob gab es drei Bewerberinnen. Zwei junge Frauen Anfang 20, keine Kinder, beide hatten ihre Ausbildungen in dem Bereich absolviert und auch bislang in diesem Bereich gearbeitet. Die dritte Bewerberin Mitte bis Ende 30, zwei Kinder, totale Quereinsteigerin, bislang in völlig anderen Bereichen tätig gewesen, und teilweise fehlen sogar absolute Grundlagen. Wer bekam die Stelle? Die dritte Frau. Sorry, aber da packe ich mir langsam an den Kopf. Hier scheint das einzige Auswahlkriterium ein gewisser vorhandener Sympathiefaktor seitens der Chefin, und eben die abgeschlossene Familienplanung gewesen zu sein. Eine andere Erklärung gibt es nicht, denn fehlenden Grundlagen wurden mit dem Kommentar "dann setzt sich jemand von uns eben einen Vormittag mit ihr zusammen" abgetan. Andere lernen dafür zwei bis drei Jahre ...
Wenn ich sowas miterlebe, brauche ich mich doch gar nicht mehr zu wundern, dass ich eine Absage nach der anderen bekomme. Ich bin zu alt und qualifiziert, um billig zu sein, bin gebärfähig, kinderlos, und ziehe der Liebe wegen um. Na dann mal gute Nacht, Marie.
Sicher gibt es Frauen, die ein Kind bekommen und für die nächsten Jahre beruflich ausfallen. Das ist aber erstens ihr gutes Recht, und zweitens muss das ja aber nicht bei jeder so sein. Vielleicht gibt es welche, die gerne schnell wieder in ihrem Beruf weiterarbeiten wollen, die sich nicht mit dem Gedanken anfreunden können, fortan nur noch zu Hause zu sitzen und auf Kind und Möbel aufpassen zu wollen. (Liebe Frauen, die ihr der Kinder wegen zu Hause bleibt, ich meine das wirklich nicht abwertend, und ihr habt meinen vollen Respekt dafür, aber es gibt eben auch andere Vorstellungen und Lebensmodelle.) Ach ja, und dann ist da ja noch die Diskrepanz zu der Aussage, dass es in Deutschland viel zu wenige Kinder gibt, und Frauen doch bitte wieder Kinder kriegen sollen. Wie soll das alles denn unter einen Hut gehen? Ist man denn nur noch von Bekloppten umgeben?
Dieses Verhalten der Arbeitgeber macht mich wütend und frustriert zugleich. Ist es denn wirklich so, dass Frauen zwischen 20 und 40 kaum noch die Chance auf einen Arbeitsplatz haben?

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