Da liest und hört man immer von
Arbeitgebern, die sich über den Fachkräftemangel in Deutschland
beklagen. Es würden händeringend Fachkräfte gesucht, die
Wirtschaft befände sich im Aufschwung, es gäbe offene Stellen zu
besetzen, und die Situation der Frauen in der deutschen Arbeitswelt
hätte sich verbessert. Verbessert im Vergleich zu was? Zum
Mittelalter? Das mag sein. Spätestens seit gestern kann ich das
alles nicht mehr ernst nehmen, und mir ist ne Menge klar geworden.
Es werden sogenannte Fachkräfte
gesucht, die möglichst billig sind und möglichst wenige Ansprüche
stellen. Das würde ja daraufhin deuten, dass möglichste junge
Arbeitskräfte gesucht werden. Hier tut sich das nächste Problem
auf. Bitte keine jungen Frauen! Junge Frauen kriegen
höchstwahrscheinlich Kinder und sind somit auch wieder total
unattraktiv für Firmen. Denn kaum hat man sich die Mühe gemacht sie
einzuarbeiten, fallen sie ja doch wieder für die nächsten
(mindestens) drei Jahre aus. Allerdings gilt das nicht nur für junge
Frauen, sondern für Frauen im gebärfähigen Alter. Da nützt einem
die schönste Qualifikation nichts, dieser Punkt scheint mittlerweile
das ausschlaggebendste Einstellkriterium zu sein. Wie ich darauf
komme? Ich habe es in unmittelbarer Nähe miterlebt.
Für einen Bürojob gab es drei
Bewerberinnen. Zwei junge Frauen Anfang 20, keine Kinder, beide
hatten ihre Ausbildungen in dem Bereich absolviert und auch bislang
in diesem Bereich gearbeitet. Die dritte Bewerberin Mitte bis Ende
30, zwei Kinder, totale Quereinsteigerin, bislang in völlig anderen
Bereichen tätig gewesen, und teilweise fehlen sogar absolute
Grundlagen. Wer bekam die Stelle? Die dritte Frau. Sorry, aber da
packe ich mir langsam an den Kopf. Hier scheint das einzige
Auswahlkriterium ein gewisser vorhandener Sympathiefaktor seitens der
Chefin, und eben die abgeschlossene Familienplanung gewesen zu sein.
Eine andere Erklärung gibt es nicht, denn fehlenden Grundlagen
wurden mit dem Kommentar "dann setzt sich jemand von uns eben
einen Vormittag mit ihr zusammen" abgetan. Andere lernen dafür
zwei bis drei Jahre ...
Wenn ich sowas miterlebe, brauche ich
mich doch gar nicht mehr zu wundern, dass ich eine Absage nach der
anderen bekomme. Ich bin zu alt und qualifiziert, um billig zu sein,
bin gebärfähig, kinderlos, und ziehe der Liebe wegen um. Na dann
mal gute Nacht, Marie.
Sicher gibt es Frauen, die ein Kind
bekommen und für die nächsten Jahre beruflich ausfallen. Das ist
aber erstens ihr gutes Recht, und zweitens muss das ja aber nicht bei
jeder so sein. Vielleicht gibt es welche, die gerne schnell wieder in
ihrem Beruf weiterarbeiten wollen, die sich nicht mit dem Gedanken
anfreunden können, fortan nur noch zu Hause zu sitzen und auf Kind
und Möbel aufpassen zu wollen. (Liebe Frauen, die ihr der Kinder
wegen zu Hause bleibt, ich meine das wirklich nicht abwertend, und
ihr habt meinen vollen Respekt dafür, aber es gibt eben auch andere
Vorstellungen und Lebensmodelle.) Ach ja, und dann ist da ja noch die
Diskrepanz zu der Aussage, dass es in Deutschland viel zu wenige
Kinder gibt, und Frauen doch bitte wieder Kinder kriegen sollen. Wie
soll das alles denn unter einen Hut gehen? Ist man denn nur noch von
Bekloppten umgeben?
Dieses Verhalten der Arbeitgeber
macht mich wütend und frustriert zugleich. Ist es denn wirklich so,
dass Frauen zwischen 20 und 40 kaum noch die Chance auf einen
Arbeitsplatz haben?
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