Donnerstag, 31. Juli 2014

Peinliche Lektüre?

Nach dem letzten durch die Bücher entstandenen Hype rückt „50 Shades of Grey“ mal wieder verstärkt in das öffentliche Interesse. Der Film wird bald in den Kinos erscheinen, der Trailer ist raus, und so kommen gerade wieder viele (wohl überwiegend weibliche) Menschen mit dem Thema BDSM in Berührung. Heimliche Gelüste und verbotene Fantasien werden angeheizt und das Gehirn produziert Fragen über Fragen. Aber wem soll man all diese brennenden Fragen stellen? Familie und Freunde kommen meistens nicht in Betracht, also bleibt das Internet. Dort gibt es so einige Foren zu dem Thema. Allerdings werden Neuankömmlinge anfangs manchmal etwas belächelt, wenn sie erwähnen, dass sie aufgrund von „Shades of Grey“ im Forum gelandet sind.
Vor diesem Hintergrund kam die Frage auf, ob es peinlich wäre, die Bücher gelesen zu haben und ob man dadurch für das Forum disqualifiziert wäre.
Nein! Es ist weder peinlich die Bücher gelesen zu haben, noch ist man deswegen für irgendetwas disqualifiziert. Die Bücher wurden von so vielen Menschen - darunter auch viele BDSMler – gelesen, das muss einem nicht peinlich sein. Es ist einfach so, dass durch die Bücher eine Tabugrenze in der Gesellschaft verschoben wurde. BDSM ist dadurch in den Blickpunkt geraten, was positive und negative Folgen uns Aspekte hat.
Als positiv empfinde ich es, dass in der Gesellschaft allgemein offener über BDSM gesprochen oder zumindest nachgedacht wird. Obwohl das noch immer mit einem verschämten Lächeln oder auch hinter vorgehaltener Hand geschieht, ist es nicht mehr so wahnsinnig anrüchig und kommt vielleicht mal irgendwann aus der Schmuddelecke raus. Einen anderen positiven Aspekt sehe ich darin, dass sich die ein oder andere Frau eben gerade durch das Lesen dieser Bücher überhaupt erst traut, Fragen zu stellen und sich mit ihrer Neigung zu beschäftigen. Vielen ist nicht wirklich bewusst, was ihnen beim Sex fehlt, warum sie oft unbefriedigt bleiben, und brauchen dafür einen kleinen Stups in diese Richtung.
Aber gerade diese Verschiebung von BDSM in den öffentlichen Mittelpunkt, sehe ich auch als Kehrseite der Medaille an. Privatsender wittern hohe Einschaltquoten durch sogenannte Reportagen, die nur aus Sensationsjournalismus bestehen und eben doch wieder nur das Klischee bedienen. BDSM wird durch den Hype um die Bücher, genährt durch SoG-Workshops und SoG-Startersets, zur Modeerscheinung. Viele wollen das „mal probieren“ und wenn es dann weh tut, ist das Geschrei groß und die teuer erstandenen Billigspielzeuge (die zudem auch noch zur Gefahr werden können) wandern auf dem schnellsten Weg in den Keller.
Wenn man tiefer in die Materie BDSM eintaucht merkt man, dass viele Darstellungen bei „Shades of Grey“ nicht der Realität entsprechen. Es funktioniert nicht, seine Partnerin einhändig an der Spreizstange von der Bauch- in die Rückenlage zu drehen. Nicht jeder empfindet Lust durch das Zufügen oder Empfangen von Schmerzen. Bei der Entdeckung der bunten BDSM-Welt landet dann so manch einer vielleicht eher unsanft in der Realität. Aber peinlich muss einem die Lektüre der Bücher nicht sein und man ist dadurch auch nicht automatisch für irgendwas disqualifiziert.

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